Protect Our Winters - Outdoorsportler setzen sich gegen Klimawandel ein
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Ein Interview mit Moritz Nachtschatt, Geschäftsführer von Protect Our Winters
Herr Nachtschatt, Protect our winters ist eine weltweit agierende NGO, die sich dem Schutz unserer Berge und unseres Klimas verschrieben hat. Können Sie uns POW in Österreich und Europa kurz vorstellen? Wer steht dahinter?
Gegründet wurde POW 2007 vom damaligen US Profi-Snowboarder Jeremy Jones der Zeichen des Klimawandels bereits damals direkt beobachtet hat. Seitdem ist die Organisation gewachsen und ist mittlerweile in 14 Ländern weltweit vertreten, darunter 9 in Europa und zusätzlich POW Europe als Europäische Dachorganisation. POW ist die Stimme der Outdoorsport Community im Kampf gegen den Klimawandel und versucht das zu schützen was wir alle so sehr lieben - die Natur.
POW lebt wie viele Umweltschutzorganisation vor allem von den vielen freiwilligen Helferinnen und Helfern, die für einen Großteil der inhaltlichen Arbeit verantwortlich sind. Darüber hinaus gibt es aber die sogenannten Alliances für Athleten, Kreative, Wissenschaftler und Partner. Diese helfen nicht nur mit ihrer Expertise sondern fungieren auch als Botschafter.
Mit diesen Botschaftern als Sprachrohr werden einerseits allgemeine gesellschaftspolitische Probleme angegangen aber es wird auch versucht im Dialog mit Industrie, Tourismus, Politik und Athleten gemeinsame Lösungen zu finden um auch die Tourismus und Freizeit Branchen zukunftsträchtig zu machen. Dabei muss man natürlich oft auch bei sich selbst ansetzen.
Welche Ziele verfolgen Sie mit ihrem Engagement?
Ursprünglich lag unser Schwerpunkt in der Bewusstseinsbildung. Mittlerweile sind sich in Österreich aber 9 von 10 Menschen über das Problem bewusst und so haben wir unseren Schwerpunkt auf politischere Themen verlagert.
In Europa haben wir hier vor allem zwei Schwerpunkte, nachhaltige Mobilität und Divestment - also der Abzug von Vermögen und Kapitalanlagen, die zur Finanzierung der fossilen Energiegewinnung und damit zum Klimawandel beitragen.
Mobilität ist vor allem im Wintertourismus ein sehr großes Problem denn an einem durschnittlichen Skitag entstehen bis zu 70% der Emissionen bei der An- und Abreise (Hüttenbesuch und Kunstschnee inkludiert). Das bedeutet, dass die Konsumenten hier sehr viel selbst in der Hand haben. Es gilt hier diese alten Gewohnheiten aufzubrechen und den öffentlichen Verkehr attraktiver zu gestalten. Wir versuchen das vor allem durch ein anderes Narrativ. Es kann schon sein dass ich für die gleiche Strecke mit dem Zug oder vor allem Bus 1 ½ Stunden brauche und mit dem Auto nur eine Stunde aber in Zug oder Bus kann ich diese Zeit nutzen, sei es zum Arbeiten oder um mit Freunden Spaß zu haben. Das Abenteuer beginnt also nicht erst Vorort sondern bereits nach verlassen der Wohnung.
Bei Divestment geht es uns vor allem darum über ein Tabuthema wie Geld und Anlagemöglichkeiten aufzuklären und zu zeigen dass das Geld eben nicht nur am Konto liegt und darauf wartet behoben zu werden. Hier sind wir aber selbst noch am Anfang und müssen erst sehen wohin sich das Thema entwickelt.
In Österreich selbst gibt es natürlich auch nationale Ziele wie zum Beispiel ein ambitioniertes Klimaschutzgesetz. Daran arbeiten wir momentan in Form unserer aktuellsten Kampagne dessen Kern ein offener Brief von uns und der heimischen Wirtschaft an die Bundesregierung und ans Parlament ist.
Welche Erfolge konnten Sie mit POW bereits erzielen?
Wir konnten seit der Gründung von POW in Österreich schon eine Vielzahl an Schulen in Österreich besuchen und mit ihnen die für Schulen kostenlosen Hot Planet Cool Athlete Workshops abhalten. Das ist aufgrund von Corona aber größtenteils vor meiner Zeit als Geschäftsführer geschehen. Seitdem haben wir den Workshop auch als Online Workshop coronatauglich gemacht.
Im letzten Jahr haben wir mit unserem Treeruns Projekt indirekt über 50.000 Bäume gepflanzt. Dabei konnte man für gegangene Höhenmeter unserer Athleten spenden und so mit unserem Partner Eden Projects Bäume pflanzen.
In vielen Müllsammelaktionen haben wir die Berge in der Vergangenheit von hunderten Kilo Müll befreit.
Andere Errungenschaften lassen sich weniger leicht messen. So haben wir das Klimaschutz Volksbegehren so weit wie möglich dabei unterstützt Unterschriften zu sammeln oder haben generell über all unsere Kanäle und Botschafter Bewusstsein für das Thema geschaffen. Europaweit haben wir uns letzten Dezember zusammen mit dem Climate Action Network, in Form einer europaweiten Kampagne dafür stark gemacht die Ziele zur Reduktion der Emissionen auf 65% zu erhöhen. Es wurden zwar nur 55% aber auch das ist eine deutliche Verbesserung zu den vorherigen 40%. Allerdings war das natürlich nicht nur unser Verdienst sondern der vieler NGO’s, Wisschenschftler*innen und nicht zuletzt natürlich der Politiker*innen die sich aufgrund des von uns ausgeübten Drucks, für diese Änderungen stark gemacht haben.
Ganz wichtig sehe ich aber auch die Erfolge innerhalb der Industrie. Wir haben ja einige Partnerschaften mit Firmen sowie mit Skigebieten. Solche Partnerschaften gehen wir aber nur unter bestimmten Voraussetzungen ein und schauen in weiterer Folge natürlich auch, dass gemeinsame Ziele gesetzt und erreicht werden. Das heißt wir versuchen auch hier systematische Veränderungen indirekt über und natürlich mit der Industrie zu erreichen. Denn auf die Industrie hört die Politik oft eher als auf Privatpersonen oder NGO’s.
Was haben Sie für die Zukunft geplant, was ist der nächste Schritt?
Das ist gar keine leichte Frage denn vieles hängt davon ab wie unser Umweltschutzgesetz in Österreich aussehen wird und international hängt natürlich vieles von der Klimakonferenz in Glasgow ab. Zu beiden Themen haben wir aktuelle Kampagnen auf die wir uns momentan fokussieren. Der offene Brief zum nationalen Klimaschutzgesetz wird zusammen mit Vertretern der Industrie am 26. November persönlich an Ministerin Gewessler übergeben. Bis dahin können neue Selbständige, EPU’s, KMU’s, Großkonzerne und auch Vereine noch unterschreiben.
Bei der anderen Kampagne üben wir über unsere Community auf Banken in ganz Europa Druck aus um Investitionen in fossile Brennstoffe zu stoppen. Denn Fakt ist leider, dass obwohl wir geradewegs auf eine Klimakatastrophe von unvorstellbarem Ausmaß zusteuern, haben Europäische Banken 2020 noch 162 Milliarden in diese investiert. Hierzu haben wir auf unserer Website ein Email tool eingerichtet, dass es sehr einfach gestaltet der eigenen Bank zu schreiben und sich über deren Investitionen zu erkundigen. Das soll auch dazu führen, dass sich Leute überlegen ob sie wirklich bei ihren Banken bleiben wollen und ob sie deren Vorstellungen und Werte auch erfüllen. Die gute Nachricht ist, es gibt auch in Österreich grüne Alternativen.
Aktuell hat POW ja eine Kampagne gestartet, die sich für ein ambitioniertes Klimaschutzgesetz stark macht. Was wollen Sie damit erreichen und wie kann man das unterstützen?
Ja genau, diese Kampagne habe ich in einigen anderen Fragen auch bereits erwähnt. Herzstück dieser Kampagne ist wie bereits gesagt ein offener Brief von Protect Our Winters Austria und so vielen wirtschaftlichen Vertretern wie möglich.
Die drei Forderungen des offenen Brief sind:
- Die Verankerung eines Rechts auf Klimaschutz in der Verfassung.
- Die gesetzliche Verankerung der Klimaneutralität bis 2040 (wie von der Regierung bereits angekündigt), inklusive einem entsprechenden Reduktionspfad und verbindlichen Zwischenzielen. Allen voran die Emissionen bis 2030 um mindestens 65% im Vergleich zu 1990 zu reduzieren.
- Ein bindendes Maßnahmenprogramm von Bund und Ländern, um den CO2-Reduktionspfad bis hin zur Klimaneutralität 2040 einzuhalten.
Einerseits wollen wir damit zeigen, dass der Industrie, und hier vor allem einer der für Österreichs Wirtschaft wichtigsten Branchen, sehr viel mehr am Klimaschutz liegt als die Politik momentan noch glaubt. Da bei vielen das Geschäftsmodell auch vom Winter abhängig ist, ist das auch verständlich und gerade als die Wintersportnation schlechthin, würde die Politik gut daran tun, auf diese Forderungen zu hören. Auch ganz im eigenen Interesse um Arbeitsplätze und BIP zu schützen.
Uns ist natürlich bewusst dass die Klimakrise nicht von Österreich allein gebremst oder gar gestoppt werden kann. Aber als DIE Wintersport Nation in der Skilifte zu den öffentlichen Verkehrsmitteln zählen, sollten wir alles daran legen mit gutem Beispiel voran zu gehen und alles dafür zu tun um das Schlimmste abzuwenden. Und das Ziel bis 2040 Klimaneutral zu sein steht ja bereits im aktuellen Koalitionsvertrag, wir möchten also nur ambitionierte Zwischenziele und Maßnahmen um dieses Endziel auch realistisch erreichen zu können.
Und zum Abschluss, wer ist Moritz Nachtschatt?
Das können andere vermutlich besser sagen aber ich denke ich bin einfach ein passionierter Outdoorsportler, Fotograf und besorgter Vater. Ich will mir in 10 Jahren von meinem Sohn und von meinem Gewissen nicht vorwerfen lassen können, dass ich nicht alles mir mögliche versucht hätte, diese Katastrophe zu stoppen.
Nähere Informationen über Protect our Winters finden Sie hier